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E. A. Schnittspahn – der verborgene Chronist

Wie sah das in der vormaligen Reithalle untergebrachte Großherzogliche alte Hoftheater aus? Wie das Pädagog? Wie das ehemalige Kavaliershaus, das heutige Jazzinstitut? Und wer weiß heute noch, dass es auf der kleinen Insel im Teich des Herrengartens ein kleines Fischerhäuschen und auf der Rosenhöhe eine große Schaukel gab?

Wer in  früheren Jahren an einer Führung im Darmstädter Schloss teilnahm, erinnert sich vielleicht noch an die wunderschönen Bilder, die im Treppenhaus hingen – liebevoll und detailliert gemalte Gouachen von Darmstädter Gebäuden, Parks und Gartenhäusern, die eine besondere Harmonie und Liebe zur Natur ausstrahlten. Ich fand diese Ansichten von Darmstadt so schön, dass ich sie immer gerne in Ruhe betrachtet und vor allem noch viel mehr davon gesehen hätte – aber dafür blieb ja während der Führung keine Zeit – man musste weiter.
Später, als ich anfing, für die Darmstädter Kalender zu recherchieren, lernte ich auch den dazugehörigen Maler „kennen" und noch mehr schätzen.
„Schau mal bei Schnittspahn...", wurde zu einer festen Redewendung für mich, wenn ich mal wieder nach der Ansicht eines historischen Gebäudes suchte. Ob Pädagog, oder Schloss, das frühere Waisenhaus  oder die Darmstädter Windmühlen – bei ihm wurde ich fündig: Ernst August Schnittspahn: * 17. April 1795 in Darmstadt; † 22. Mai 1882 in Darmstadt, Theatermaler und Hofmaler am Darmstädter Hof.

 

 

Dabei war dieser für uns heute so wichtige „malende Historiograph" über lange Zeit unbekannt: Er stand während seiner Lebens  immer im Schatten von Kollegen, die sich besser zu positionieren wussten. Er konnte weder Reisen oder Auslandsaufenthalte vorweisen, noch verfügte er über die notwendigen Kontakte, um sich erfolgreich vernetzen zu können – und doch ist seine Dokumentation Darmstädter Gebäude, die er um die Mitte des 19. Jahrhunderts malte, ein unendlich wertvoller Schatz der Stadtgeschichte.

Ernst August Schnittspahn stammte aus einer Gärtnerfamilie. Vielleicht rührte daher auch sein Talent für die liebenswerte Einbindung von Landschaften und Natur in seinen Gouachen. Nach dem Besuch des Pädagogs erhielt er ab 1818 eine Ausbildung zum Maler.  1822 folgte die Anstellung als Theatermaler. Im Bereich der Theatermalerei wurde er jedoch immer wieder von Kollegen überflügelt. So gestaltete sich vor allem sein Verhältnis zu dem wesentlich prominenteren Johann Heinrich Schilbach problematisch, der 1827 statt Schnittspahn zum Ersten Theatermaler ernannt wurde.  Im Rahmen seiner Tätigkeit als Hofmaler nahm Schnittspahn jedoch immer mehr Auftragsarbeiten seiner Fürsten an. In rund 150 Gouachen dokumentierte er offizielle sowie private Gebäude, Jagdbauten und Gartenhäuser.

Heute profitieren wir in Darmstadt von seiner kontinuierlichen und liebevollen Dokumentation.

Das Darmstädter Schlossmuseum widmete dem einst unbekannten Maler 2018 eine großartige Ausstellung.

Das Leben als „malender Chronist“ ist Schnittspahn anscheinend bekommen – er wurde 87 Jahre alt.

 

An dieser Stelle meinen herzlichen Dank für die Unterstützung an: Dr. Rainer Maaß, Hessisches Staatsarchiv sowie Dr. Peter Engels, Stadtarchiv Darmstadt