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Liebe Luise...

Aber liebe Luise...

was macht denn da der Dampfkochtopf auf meinem Schreibtisch zwischen all den Büchern, Fotos und Artikeln? Man kann sehen, er hat Staub auf dem Deckel, wird also demnach wohl nicht oft genutzt.

Jaja, Asche auf mein Haupt, ich gestehe, ich nutze ihn nur als normalen Kochtopf, es passt ja viel rein – meine Mutter hat den Dampfkochtopf-Kampf mit mir  schon lange aufgegeben.

„...Also warum sind unsere Frauen conservativ, warum hassen sie den Fortschritt innerhalb ihrer eigenen vier Wände so unerbittlich?... ", so Luise Büchner in der Zeitungs-Ausgabe Nr. 21 des Deutschen Frauenvereins von 1866, „Die Frauen und die Maschinen".

Ich schiele zum Dampfkochtopf...„... – nur aus dem Grunde wie die anderen, aus Mangel an Intelligenz, an Ausbildung ihrer eigenen Kräfte...", schreibt Luise weiter. – Da hat sie wohl irgendwo recht, denke ich, mag aber den Dampfkochtopf trotzdem nicht. Luise Büchner greift  1866 ein Thema auf, das man als Laie so gar nicht vermuten würde: Die Bildung von Frauen geht ihr über alles und es stört sie sehr, dass ihre Zeitgenossinnen viel zu viel Stunden mit Tätigkeiten verbringen, die Maschinen im Haushalt übernehmen können. „...Aber es ist ja so viel bequemer, die Waschfrau im alten Schlendrian fortwaschen, das gedankenlose Nähmädchen drauf lossticheln und die Köchin in gewohnter Weise hanthieren zu lassen, als mit den eigenen Gedanken Maschinen zu beherrschen..."

So stellt sie in ihrem Artikel folgende Errungenschaften der Technik vor: Die Nähmaschine, die Waschmaschine, na und den Dampfkochtopf. „...Dank dem Kochtopf geht man eine Stunde später in die Küche – bleiben da nicht ein paar ruhige Nachmittagsstunden übrig, welche die Hausfrau, sofern sie nur mag, im Interesse ihres Geistes verwenden kann?" Und abschließend wünscht sie der verständigen Hausfrau, dass „...in jener der eingeschlossene, verdämpfte Geist lebendig werde." 

Wo sie recht hat sie recht. Dann hätte ich ja theoretisch mehr Zeit zum Zeichnen, oder?

 

Aber ganz sicher ist der Gummiring mittlerweile morsch und der Dampfkochtopf explodiert und geht mir durch die Decke...

 

An dieser Stelle schon mal ganz herzlichen Dank an Agnes Schmidt von der Luise Büchner-Gesellschaft, die mir diesen wunderbaren Artikel zur Verfügung gestellt hat.